Wenn Tiere verschenkt werden

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Lino
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Wenn Tiere verschenkt werden

Beitrag von Lino »

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Wenn Tiere „verschenkt“ werden
-geschrieben von Ulrike Müller-
Ich möchte euch heute die Geschichte vom kleinen Pedro erzählen.
Vor vielen Jahren lebte ein kleines Pony glücklich in seiner Herde bei sehr lieben Menschen. Die Wiese der Ponys war nicht sehr groß, aber sie reichte zum herumtollen und grasen. Die Familie kümmerte sich gut um die Ponys und zog sie mit viel Liebe auf. An den Abenden saßen die Kinder noch lange mit bei den Ponys im Stall und sagten jedem einzelnen, wie sehr sie es lieb haben und dass alle etwas ganz besonderes sind. Doch eines Abends, als Pedro mal wieder den Worten seiner Menschen lauschte, hörte er, dass sich die Familie große Sorgen machte, weil sie sich die Kosten für all die Tiere bald nicht mehr leisten konnten. Der Vater der Familie drehte sich zu Pedro um und sagte: „Morgen kommt ein Mann zu uns, der ein Geschenk für seine Tochter sucht. Er wird dir ein neues Zuhause geben, Pedro. Es wird dir dort an nichts fehlen. Auch wenn es mir das Herz bricht, aber wir müssen dich verkaufen.
Am nächsten Tag kam der Mann und nahm Pedro mit. Das Pony wieherte seiner Familie ein letztes Mal zu, als die Klappe des Pferdehängers geschlossen wurde. Die Fahrt mit dem Hänger war rumpelig und beängstigend. Am neuen Hof angekommen, stieg Pedro unsicher von der Rampe und schnupperte vorsichtig die fremde Luft. Ein gigantisch großer 4-Seiten-Hof umgab den kleinen Pedro. „Wow, ist das riesig“, dachte er. „Wohnen denn hier Elefanten?“ Sein kleines Herzchen pochte. Wo war er denn hier gelandet? Doch dann sah er einige andere Pferde auf dem Hof stehen, die gerade geputzt wurden. Große Pferde. Auf Hochglanz polierte Pferde. Pferde mit kerzengerade abgeschnittener Mähne. Und weit und breit keine Wiese. Nur einen kleinen Sand-Reitplatz. „Ohjee“ dachte Pedro. „Es scheint, als dürfe man sich hier überhaupt nicht dreckig machen. Darf ich mich nun nie wieder im Schlamm wälzen? Werden sie mir meine Mähne abschneiden, die doch von Natur aus, etwas zottelig, viel schöner aussieht, als diese glatt geleckten Kurzhaar-Frisuren!?“ ...Dann wurde Pedro aus seinen Gedanken gerissen, als der Mann mit einer großen Schleife um die Ecke kam. „So mein Kleiner, jetzt bekommst du erst mal deine schöne Schleife um den Hals und dann wird gleich meine Tochter erscheinen. Du wirst ein tolles Geschenk sein!“ Ein wenig albern fand Pedro das schon, aber er ließ es brav über sich ergehen. Da kam auch schon das Mädchen auf den Hof. All die Menschen drumherum strahlten sie erwartungsvoll an. Auch Pedro spitzte ganz gespannt die Ohren, in der Hoffnung, mit dem Mädchen einen neuen Freund gefunden zu haben, mit dem er viele Abenteuer erleben würde und der mit ihm durch dick und dünn geht. Die Freude des Mädchens hielt sich allerdings in Grenzen. Sie schaute unzufrieden, hatte sie sich doch insgeheim viel lieber einen Hund gewünscht. Pedro begrüßte das Mädchen dennoch freundlich und stupste es mit der Nase an.
„Was denn, mein Kind, freust du dich gar nicht?“, sagte der Vater. „Jetzt kannst du jeden Tag reiten und dich um ihn kümmern!“ Wie gerne hätte Pedro Freude und ein Strahlen in den Augen des Mädchens gesehen, doch er spürte, dass sie ihn eigentlich gar nicht haben wollte. Verzweifelt und fragend schaute Pedro zu dem Mann hoch, noch immer die große Schleife um den Hals. Tausend Gedanken gingen ihm durch den Kopf. „Warum möchte sie mich denn nicht haben? Was ist denn falsch an mir? Warum haben sie mich denn hier her geholt, wenn ich doch gar nicht willkommen bin? Und vor allem, was wird jetzt aus mir?!?“
„Na gut“ meinte der Mann, „Wir stellen ihn erst einmal in seine Box, du kannst ja morgen nach ihm sehen, wenn du magst.“ Artig folgte das Pony seinen neuen Menschen in den Stall. Dort waren hoch vergitterte Boxen, dunkle Wände und es war nicht so gemütlich wie in seinem bisherigen Zuhause. Völlig verwirrt machte sich Pedro mit seiner neuen Box vertraut und knabberte an seinem Heu.
Am nächsten Tag kamen viele Mädchen zu den anderen Pferden. Es war ein ständiges Kommen und Gehen. Aber „sein“ Mädchen kam nicht. Lediglich der Stallbursche kam kurz in Pedro´s Box, machte sauber und knuddelte ihn kurz. Dankbar lehnte sich das Pony an ihn, doch der Mann erwiderte „Tut mir leid, mein Kleiner, aber ich muss noch all die anderen Boxen sauber machen.“ Bedrückt widmete sich Pedro wieder seinem Heu.
Die Tage vergingen und Pedro bekam das Mädchen nur sehr selten zu sehen. Gelegentlich wurde er vom Personal auf den kleinen Sandplatz gebracht, damit er sich etwas bewegen konnte. Da dort aber oft geritten wurde, verbrachte Pedro die meisten Tage im Stall. Oft dachte er an sein Zuhause zurück und träumte von glücklichen Stunden mit seinen Freunden auf seiner Wiese. Er vermisste die Kinder, die ihm jeden Tag sein Fell streichelten und ihre Nasen in seine Mähne steckten. Was sollte nun aus ihm werden?
Die Tage waren geprägt von Langeweile. Fast rund um die Uhr die kalten Wände und Gitterstäbe anzuschauen, machte depressiv. Da hörte Pedro den Vater des Mädchens mit einem weiteren Mann reden.... „Ach, was mach ich jetzt nur mit dem kleinen Kerl. Ich dachte, ich kann ihr eine Freude machen, sie ist doch ab und zu auf meinem großen Pferd geritten und da dachte ich, es wäre Zeit für ein eigenes Pony. Und jetzt hat sie so gar kein Interesse.“
„Nun ja“, sagte der andere Mann, „nächste Woche ist Pferdemarkt, verkauf ihn doch einfach wieder.“ Da vergaß Pedro vor Schreck das Kauen. Was??? Er sollte schon wieder umziehen? Wohin würde er diesmal kommen?
Eine Woche später fand sich Pedro auf dem Pferdemarkt wieder. Die Bilder, die er dort zu sehen bekam, brannten sich tief in sein Hirn ein; Pferde verschiedenster Rassen, junge Pferde, alte Pferde... Pferde, die sich längst aufgegeben hatten und deren Schicksal so unendlich traurig war... Sie alle wurden dort angeboten. Man band Pedro neben einem alten Wallach fest. Dem ergrauten Pferd standen die Hüftknochen hervor, es hatte Narben am ganzen Körper und wahrscheinlich noch mehr auf seiner Seele. Seine tief traurigen Augen erzählten von einer dunklen Vergangenheit. Zu viele Male wurde er „weiter gereicht“ und zu oft hat man ihn schlecht behandelt. Wann mag er wohl das letzte Mal Liebe von einem Menschen erfahren haben?
„Findet man denn jemals wieder ein gutes Zuhause?“ fragte Pedro seinen Nachbarn.
„Dann wäre ich vermutlich nicht hier.“, erwiderte der alte Wallach. „Ich weiß es nicht, Kleiner. Du bist noch jung und könntest Glück haben. Ich habe meine besten Tage bereits hinter mir, mich will doch keiner mehr. Für mich wird es bald vorbei sein.“
„Was meinst du mit 'vorbei'?“ fragte Pedro.
„Ja weißt du denn nicht, was mit den Pferden passiert, die hier nicht weiter verkauft werden?“
„Nein, was denn?“ fragte Pedro.
„Wenn sie nach einer bestimmten Zeit nicht verkauft wurden, werden sie zum Schlachter gegeben. Das ist der Lauf der Dinge. Was glaubst du, wie viele Pferde ich schon auf die 'letzte Rampe' steigen sah. Sie fahren dann in den sicheren Tod. Das ist schlimm, aber so sind die Menschen.“
Pedro erstarrte. Schlachter??? Die grausamsten Bilder schossen ihm durch den Kopf. Sollte das das Ende sein? Hatte er das verdient? Hatten all die anderen Pferde hier das verdient? Dicke Tränen kullerten über Pedro´s Gesicht. „Kopf hoch, Kleiner“, sagte der Wallach, „Ich habe die Hoffnung in die Menschheit bereits aufgegeben, aber für dich ist es noch nicht zu spät. Ich bin mir sicher, du findest ein neues Zuhause. Ich kann dir nicht versprechen, dass es ein gutes sein wird, aber für dich ist die Reise hier nicht zu Ende.“
Unendlich traurig starrte Pedro vor sich hin. Da tauchte plötzlich ein älterer Mann auf. Er hatte ein freundliches Gesicht und sah Pedro entzückt an. „Du siehst aus wie mein erstes Pony, das ich leider vor vielen Jahren über die Regenbogenbrücke gehen lassen musste. Der Verlust hat sehr geschmerzt, aber nun möchte ich einem neuen Pony seinen Platz geben. Komm mit mir!“ Das ließ sich Pedro nicht zweimal sagen und folgte dem Mann. Doch plötzlich blieb er stehen und schaute zu dem alten Wallach zurück, der mit hängenden Ohren todtraurig da stand. Da wieherte Pedro so laut, dass es über den gesamten Platzt hallte. „Komm weiter“, sagte der Mann, „Es wird dir gut gehen!“ Mit weit aufgerissenen Augen blickte Pedro zu dem alten Wallach. Da fiel auch der Blick des Mannes zu dem Pferd. Er ging ein paar Schritte um das Tier herum, biss sich entsetzt auf die Lippen, überlegte kurz und sah zu Pedro herüber. „Weißt du was, mein Kleiner... Ich glaube, du wirst deinen Platz auf meinem Hänger teilen müssen. Wir nehmen deinen grauen Kumpel mit. Der hat was besseres verdient, als hier auf seinen Gnadenschuss zu warten.“
Gesagt, getan – Pedro und der alte Wallach stiegen auf den Hänger und fuhren gemeinsam in ihr neues Zuhause. Dort angekommen, roch es nach einer saftigen Wiese und duftendem Heu. Der kleine, alte Stall erfüllte allemal seine Zwecke, ja er war sogar recht gemütlich! Ein dickes Bett aus Stroh wartete auf beide und die Stallkatze schmiegte sich an Pedro´s Beine.
Da kamen zwei Mädchen angerannt und machten große, strahlende Augen. „Opa, das ist ja toll! Dürfen wir die Pferde putzen?“ Pedro und sein Freund schauten sich erstaunt an.
„Ja, ihr beiden, wie ihr seht, müsst ihr euch keine Sorgen um eure Zukunft machen. Wenn ich einmal sterbe, dann werden sich meine Enkelinnen um euch kümmern, solange ihr lebt. Dieses Versprechen haben sie mir heute gegeben, bevor ich zum Pferdemarkt gefahren bin, um ein neues Familienmitglied zu finden.“
❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️
Pedro und sein Freund hatten Glück.
Leider kann man das von vielen anderen armen Seelen nicht sagen.
VERSCHENKT KEINE TIERE!!!!
Ihr habt keine Ahnung, was ihr anrichtet, wenn euer „Geschenk“ nicht wertgeschätzt wird!
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Copyright Ulrike Müller
Liebe Grüße von Marion, Anton, Willy, Marie und Emma mit Ben, Lino, Max und Nelli im Herzen i_love
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